Unternehmensprozesse digitalisieren: Warum Tools allein nicht reichen
digitale Transformation Change Management Prozessmanagement Nov 17, 2025 2:04:59 PM Anna Krasikov 9 min read
Wer Prozesse nicht aufräumt, digitalisiert Probleme statt Lösungen
Viele Unternehmen starten hochmotiviert in ihre digitale Transformation. Neue Softwarelösungen, Digitaltools und Dashboards werden eingeführt, Berechtigungskonzepte erstellt – alles klingt nach Fortschritt. Doch oft zeigt sich schnell: Das eigentliche Problem lag gar nicht in der Technik.
Ein Praxisbeispiel für gescheiterte Tool-Einführungen: Ein Unternehmen entscheidet sich, Confluence als zentrales Intranet einzuführen. Ziel ist es, Wissen zu bündeln, Prozesse zu dokumentieren und die Zusammenarbeit im Team zu verbessern. Wochen später zeigt sich jedoch ein ernüchterndes Bild: Der Intranetbereich ist leer, Protokolle fehlen, wichtige Richtlinien werden nicht abgerufen und die Mitarbeitenden arbeiten weiterhin in alten Excel-Listen oder Word-Dokumenten.
Warum? Oft spielen zwei Faktoren zusammen:
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Das Tool wurde schlecht eingeführt – Schulungen fehlen, es gibt keine klare Anleitung, wie und wofür es genutzt werden soll.
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Die Prozesse, die Confluence eigentlich abbilden soll, existieren nicht oder sind unklar. Wer legt Inhalte an? Wer aktualisiert Dokumente? Welche Informationen sind relevant?
Ohne diese Grundlagen bleibt selbst die beste Software wirkungslos – sie digitalisiert nur das bereits bestehende Chaos.
Bevor also etwas digital abgebildet werden kann, muss es zunächst analog verstanden und strukturiert werden. Abläufe, Zuständigkeiten, Regeln – all das muss klar definiert sein. Und genau dieser Schritt wird in vielen Unternehmen übergangen. Statt Prozesse zu hinterfragen, wird ein Tool implementiert, und die Hoffnung ist, dass alles sich „einfach von selbst regelt“. Doch Digitalisierung funktioniert nicht wie Magie: Wer Prozesse nicht klärt, digitalisiert Probleme statt Lösungen.
Was sind Unternehmensprozesse?
Ein Unternehmensprozess ist eine strukturierte Abfolge von Aktivitäten, die darauf abzielen, ein bestimmtes Ziel zu erreichen. Dabei werden Ressourcen genutzt, um ein Ergebnis zu erzielen, das einen Mehrwert für das Unternehmen schafft. Unternehmensprozesse können alle Bereiche betreffen – von Produktion über Vertrieb bis hin zu Finanzen oder Personalwesen – und sind entscheidend für die Erreichung der Unternehmensziele.
Doch was genau ist ein Prozess? Ein Prozess ist die Abbildung eines strukturierten Verfahrensablaufs, in dem alle zusammenhängenden Aktivitäten für die Zielerreichung enthalten sind. Er zeigt auf, wer wann welche Aufgaben übernimmt und welche Aktionen nötig sind, um ein Ergebnis zu erzeugen. Ein Prozess wird von einem Ereignis ausgelöst und liefert ein klar definiertes Ergebnis. Dabei sind meist mehrere Aufgaben und Personen beteiligt, aber nur diejenigen Abläufe gelten als Unternehmensprozesse, die direkt zur Zielerreichung beitragen (Universität Würzburg).
In der Betriebswirtschaftslehre wird oft zwischen verschiedenen Arten von Prozessen unterschieden:
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Kernprozesse: Diese sind direkt mit der Wertschöpfung verbunden, wie Produktion und Vertrieb.
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Unterstützungsprozesse: Diese unterstützen die Kernprozesse, wie Personalwesen und IT.
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Managementprozesse: Diese umfassen Planung, Kontrolle und Steuerung der Unternehmensaktivitäten.
Prozesse sind das Rückgrat jedes Unternehmens: Sie legen fest, wie Dinge getan werden, welche Rollen involviert sind und wie Ziele erreicht werden. Gerade in der Digitalisierung wird dies besonders deutlich. Die Einführung digitaler Tools ohne klare, verstandene Prozesse kann schnell ins Leere laufen. Ohne ein gemeinsames Verständnis darüber, wie zusammengearbeitet werden soll, nutzt selbst das beste Tool wenig – es entstehen Frustration, Widerstände und die Digitalisierung wird nicht zur Lösung, sondern zum zusätzlichen Problem.
Daher ist es entscheidend, bestehende Prozesse zunächst zu reflektieren, zu verstehen und gegebenenfalls neu zu gestalten, bevor bzw. während digitale Tools implementiert werden. Erst so kann die Digitalisierung wirklich zur Verbesserung der Arbeitsabläufe beitragen, Ressourcen effizienter nutzen und bestehende Probleme lösen, statt neue zu schaffen.
Digitalisierung ist kein Softwareprojekt, sondern Organisationsentwicklung
Viele Unternehmen glauben, Digitalisierung bedeutet, endlich mal ein neues Tool einzuführen. Doch das greift zu kurz. Digitalisierung heißt vor allem, bestehende Strukturen und Abläufe zu verstehen, zu verbessern und dann sinnvoll digital abzubilden. Oder anders gesagt: Wer Prozesse nicht aufräumt, digitalisiert Probleme statt Lösungen.
Natürlich spielt auch die Tool-Unsicherheit eine Rolle – Mitarbeitende wissen nicht immer, wie sie ein System nutzen sollen oder haben Angst, etwas „kaputt zu machen“. Doch bevor man diese Unsicherheit adressiert, müssen erst die Probleme bereinigt werden, die schon vor der Einführung des Tools existierten.
Typische Stolpersteine bei der Digitalisierung sind zum Beispiel:
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Keine klaren Rollen: Niemand fühlt sich zuständig, Aufgaben bleiben liegen.
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Fehlende Einigkeit: Jeder arbeitet nach eigener Methode – das führt zu Inkonsistenzen und Missverständnissen.
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Alibi-Prozesse: Es gibt zwar Regeln, doch sie werden nicht wirklich gelebt oder eingehalten.
Bevor also Tools konfiguriert oder Systeme integriert werden, müssen grundlegende Fragen beantwortet werden:
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Wie laufen unsere Prozesse aktuell wirklich?
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Wer ist verantwortlich für welche Aufgaben?
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Welche Regeln gelten – und sind sie überhaupt noch sinnvoll?
Diese Fragen sind unbequem, weil sie bestehende Abläufe infrage stellen. Genau hier beginnt aber echte Transformation: Nicht beim Tool, sondern bei den Menschen, den Prozessen und der gemeinsamen Art, wie im Unternehmen gearbeitet wird.
Wie digitalisiert man Unternehmensprozesse richtig?
Bevor ein neues Tool eingeführt wird, sollte ein Unternehmen sich Zeit nehmen, um die eigene Arbeitsweise zu verstehen. Das klingt banal, ist aber der Schritt, der in der Praxis am häufigsten übersprungen wird.
Der Weg zu echter digitaler Transformation beginnt mit vier zentralen Schritten:
1. Prozesse definieren, verstehen und reflektieren
Der erste Schritt besteht darin, Unternehmensprozesse transparent zu machen – nicht als theoretische Diagramme, sondern so, wie die Arbeitsabläufe im Team tatsächlich funktionieren. Das gelingt am besten gemeinsam mit den Mitarbeitenden: Wo hakt es im Alltag? Wo gehen Informationen verloren – vielleicht, weil Informationssilos entstanden sind? Welche Aufgaben doppeln sich?
Bevor ein Tool wie Confluence eingeführt wird, muss klar sein, welche Prozesse es eigentlich unterstützen soll. Sind es Dokumentationsprozesse? Onboarding-Prozesse? Abstimmungen zwischen Teams? Nur wenn die dahinterliegenden Abläufe verstanden und definiert sind, kann das Tool sinnvoll eingesetzt werden.
Dann gilt es, diese Prozesse ehrlich zu reflektieren:
Sind sie aktuell, verständlich und im Team bekannt?
Wenn nicht – lieber überarbeiten, statt sie 1:1 digital abzubilden.
Denn wer veraltete oder unklare Abläufe digitalisiert, macht ineffiziente Strukturen nur schneller, aber nicht besser.
2. Zusammenarbeit definieren
Nachdem die Prozesse klar sind, geht es darum, die Art der Zusammenarbeit zu klären.
Wie wollen wir als Team zusammenarbeiten?
Welche Prozessabläufe sollen verbindlich sein, wo ist Flexibilität erlaubt?
Und vor allem: Welche Tools nutzen wir wofür?
Die Antworten auf diese Fragen schaffen Transparenz und verhindern, dass Mitarbeitende selbst entscheiden müssen, wo Informationen abgelegt oder wie Aufgaben bearbeitet werden.
Wenn klar ist, wer was wofür nutzt und wie die Zusammenarbeit organisiert ist, legen wir den Grundstein dafür, dass Tools wie Confluence, Jira oder HubSpot wirklich wirken und nicht nur als weiteres „neues System“ im Arbeitsalltag untergehen.
3. Rollen klären
Bei diesem Schritt geht es darum, Rollen und Verantwortlichkeiten klar zu definieren. Wenn alle wissen, wer was warum macht, verschwinden viele Reibungspunkte ganz automatisch.
Wer trägt Termine ein, wer pflegt Daten, wer kommuniziert Updates?
Klare Verantwortlichkeiten sind der Schlüssel zur Verbindlichkeit und schaffen Transparenz statt Kontrolle.
4. Tools nutzen, um Unternehmensprozesse zu leben
Schulungen, Onboarding und eine offene Fehlerkultur schaffen Sicherheit. Tools müssen im Alltag vorgelebt werden, nicht nur erklärt. Wenn Führungskräfte mit gutem Beispiel vorangehen, steigt die Akzeptanz und das Wissen verteilt sich langfristig im Team.
Sind die Prozesse klar definiert, lassen sich Workflows einfacher digital abbilden und Tools gezielt einsetzen, um Abläufe zu vereinfachen, zu automatisieren und die digitale Zusammenarbeit zu unterstützen. Gleichzeitig sinkt die Tool-Unsicherheit, weil alle verstehen, welchen Mehrwert das System im Alltag bringt.
So entsteht Digitalisierung, die nicht von oben verordnet wird, sondern von innen wächst – getragen von einem gemeinsamen Verständnis, klaren Prozessen und einer Kultur, die Veränderung nicht als Bedrohung, sondern als Chance begreift.
Beispiel aus der Praxis
Schauen wir uns nochmal das Beispiel von vorhin an: Ein Unternehmen führte Confluence als zentrales Intranet ein. Ziel war es, Wissen zu bündeln, also das Wissensmanagement zu verbessern, und Silos aufzubrechen. Doch nach einigen Monaten war die Nutzung ernüchternd – kaum jemand legte Inhalte an, viele arbeiteten weiter mit Word, Excel oder E-Mail.
Erst als das Unternehmen seine Prozesse sichtbar machte, Verantwortlichkeiten festlegte und alte Abläufe überarbeitete – also definierte, welche Informationen wo dokumentiert werden, wer Inhalte pflegt und wie Wissen geteilt wird – änderte sich die Dynamik.
Mit klaren Zuständigkeiten, kurzen Schulungen und regelmäßigem Feedback wurde Confluence schließlich zu dem, was es sein sollte: ein lebendiger Ort des Wissensaustauschs statt ein weiteres ungenutztes Tool.
Natürlich bedeutete das zunächst Mehraufwand. Aber der Weg lohnte sich:
✔ Bessere Kommunikation und weniger Missverständnisse
✔ Klare Zuständigkeiten und effizientere Abläufe
✔ Schnellere Einarbeitung neuer Kolleg:innen
✔ Höhere Tool-Nutzung und Motivation im Team
✔ Mehr Klarheit und psychologische Sicherheit
So wird aus einem bloßen Tool ein lebendiger Arbeitsort, der echten Mehrwert für das Team schafft.
Fazit: Tools machen keine Zusammenarbeit. Menschen machen Zusammenarbeit.
Digitalisierung beginnt nicht im System, sondern im Denken.
Sie funktioniert nur, wenn Menschen, Prozesse und Tools zusammenpassen und Hand in Hand arbeiten.
Wer Prozesse nicht klar definiert und reflektiert, digitalisiert am Ende nicht Lösungen, sondern Probleme. Neue Tools werden dann nicht zum Helfer, sondern zur zusätzlichen Belastung.
Der Schlüssel liegt also nicht im nächsten großen Softwareprojekt, sondern im Wie: Wie wollen wir zusammenarbeiten? Wie fließen Informationen? Wer ist wofür verantwortlich?
Wenn ihr aus bestehenden Alibi-Prozessen echte, gelebte Abläufe machen wollt, startet nicht mit dem Tool, sondern damit, die Zusammenarbeit bewusst zu gestalten. Erst dann entfalten digitale Lösungen ihren vollen Mehrwert.
Digitalisierung funktioniert nur, wenn Prozesse, Menschen und Tools zusammenpassen. Wir zeigen euch, wie ihr Confluence, Jira oder HubSpot so einführt bzw. einsetzt, dass sie im Alltag wirklich wirken.
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